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Kapitel 2
Die Phase der Konsolidierung

Das vordringliche Problem der Feuerwehr in Scheinfeld blieb die Beschaffung von Feuerwehrgerät sowie die Genehmigung von für den Dienst notwendigen Maßnahmen durch die Stadt. Den Anfang bildete die dringende Bitte um weiteres Schlauchmaterial und die Bitte, durch Glockenzeichen - und nicht durch Trompetensignale - einen Feueralarm auslösen zu dürfen. Gleichzeitig begannen früh die Querelen innerhalb der Feuerwehr. So bat der Kommandant Simader die Stadt um den Ausschluss des Nachtwächters Johann Neuner, weil derselbe erwiesenermaßen sich taktlos zeigte und als ständiger Wühler gegen das Institut der Feuerwehr erblickt wurde. Allerdings blieb die Sache ungeklärt, da die Stadt das Ansinnen unbeantwortet ließ.

Die Finanzlage der Stadt blieb prekär. Eine erneute Spendenbitte des Stadtmagistrates an die Münchner-Aachener Mobiliarfeuerversicherungsgesellschaft vom 23. November 1874 zur Tilgung von 247 Gulden für eine fahrbare Schubleiter und Schlauchhaspel wurde abgelehnt. Die Stadt schreckte in ihrer Not nicht davor zurück, einen gleichlautenden Brief sogar an den König von Bayern zu schicken; allerdings liegt keine Antwort vor. Immerhin gab 1874 das Königliche Bezirksamt 20 Gulden, ein Jahr später wiederum 15 Gulden, und die Bayerische Staatsregierung 1875 sogar 100 Gulden zur Tilgung der Ausrüstungsschulden. Außerdem übergab das Bezirksamt aus den Distriktmitteln für das Jahr 1879 noch einmal 45 Mark an die Feuerwehr Scheinfeld.

Die Feuerwehr spaltete sich in eine Pflicht- und in eine Freiwillige Feuerwehr auf, wobei die genauen Unterscheidungskriterien nicht exakt genannt werden. Normalerweise waren Pflichtfeuerwehrmänner alle Ortsbewohner, die aufgrund der distrikt-polizeilichen Feuerlöschordnung zum Feuerlöschdienste verpflichtet waren, so will es zumindest eine Nachricht aus dem Jahre 1906 wissen. Grundsätzlich bestand aber von Anfang an in zahlreichen Feuerwehren ein Nebeneinander von Freiwilliger Feuerwehr und Pflichtfeuerwehr, da sehr oft der Elan, sich für diese Sache zu engagieren, nachließ und die Gemeinden gezwungen waren, zur Aufrechterhaltung eines notwendigen Feuerschutzes zu Verpflichtungen überzugehen. Um die Effizienz einer derartigen Mischeinrichtung zu gewährleisten, mussten beide Feuerwehrarten einer einheitlichen Oberleitung unterstehen. Die Angehörigen der Pflichtfeuerwehr waren dienstverpflichtet und hatten mehr Übungen im Jahr abzuleisten. Die Hauptübungen der Pflichtfeuerwehr mussten vorher bei der Stadt angemeldet werden; unentschuldigtes Fernbleiben wurde dem städtischen Magistrat, verbunden mit der Bitte um Bestrafung der Säumigen, mitgeteilt.

Im Jahre 1875 wurde sogar beschlossen, für die Pflichtfeuerwehr einen eigenen Kommandanten mit Adjutanten zu bestimmen, da sonst der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr die Befehlsgewalt über die Pflichtfeuerwehr inne gehabt hätte. Allerdings handelt es sich dabei um eine singuläre Nachricht, sodass anzunehmen ist, dass sich diese Trennung nicht aufrechterhalten ließ. Desgleichen kennt auch die Satzung von 1873 keine derartige Unterscheidung. Das Nebeneinander von Freiwilliger Feuerwehr und Pflichtfeuerwehr blieb bis zum Ende des 2. Weltkrieges bestehen. Leider gibt erst ein Schreiben vom April 1926 Auskunft über die damals aktuellen Kriterien: So hatten 1926 alle männlichen Personen in Scheinfeld vom 18. bis zum 50. Lebensjahr, bei Beamten lediglich vom 18. bis zum 35. Lebensjahr, ihren Dienst in der Pflichtfeuerwehr zu leisten. Ob diese Abgrenzung auch bereits ab 1873 galt, muss dahingestellt bleiben. Allemal waren praktisch alle Männer der Stadt zum Dienste in der Pflichtfeuerwehr herangezogen worden und lediglich ältere Personen bildeten die Freiwillige Feuerwehr.

Aus dem Jahre 1874 sind die ersten Mitgliederverzeichnisse erhalten: So bestanden die Spritzenmannschaft und die Rettungsmannschaft aus je 26 Mitgliedern, aufgeteilt in jeweils zwei sogenannten Rotten, wobei man bei der Rettung zwischen Ausräumer (12 Mitglieder) und Bewacher (14 Mitglieder) unterschied. Des Weiteren gab es eine Bewachungsmannschaft mit 19 und eine Patrouille von 10 Mitgliedern. Schließlich waren zwei Leute für die Wasserleitung verantwortlich und zehn Personen für die Bereitstellung von Fuhrwerken. Endlich gab es noch sechs Feuerläuter und zwei Feuerreiter bzw. Feuerläufer. Die diversen Mannschaften und die Patrouille unterschieden sich durch besondere Armbinden. Der bereits erwähnte Fragebogen aus dem Jahre 1887 gibt ein exaktes Bild über den Zustand der Feuerwehr in Scheinfeld. Danach bestand die Freiwillige Feuerwehr, zu der Vorstand, Kommandant und die anderen Ämter dazugerechnet wurden, aus 61 Mann, die Pflichtfeuerwehr aus 111 Mann. Die Uniformierung bestand aus dunkelgrauen Dienströcken aus Leinen; ferner gehörten Leder- bzw. Messinghelme und Dienstmützen dazu. Messinghelme besaßen allerdings nur der Kommandant sowie sein Adjutant. Im Jahre 1886, so belehrt uns der Fragebogen, gab es keinen Einsatz, weder außerhalb noch innerhalb des Gemeindebezirkes. Schlüssel für das Feuerwehrhaus besaßen Bürgermeister, Kommandant und Spritzenmeister. Die Entschädigung für die Fuhrleute übernahm im Bedarfsfalle die Gemeinde. Die Alarmierung erfolgte von den Türmen aus mittels Trompetensignalen. Den Feuerreiterdienst übernahmen 3 Mann der Pflichtfeuerwehr. Sie waren notwendig, weil Scheinfeld keine Telegraphenstation mit Nachtdienst besaß. Die weiteste Entfernung, die die Feuerwehr auszurücken hatte, betrug zwei Kilometer außerhalb des Gemeindegebietes. An Lösch- und Rettungsgeräten besaß Scheinfeld eine 4-rädrige Saug- und Druckspritze, je eine 4- und 2-rädrige Druckspritze ohne Saugwerk, sowie eine fahrbare Schlauchhaspel und einen Mannschaftstransportwagen. Darüber hinaus gab es je 20 Eimer aus Leder bzw. Hanf, 1 Schlauchbrücke, je 170 Meter gummierte bzw. gewöhnliche Hanfschläuche und 7 Saugschläuche. Neben einer 9 Meter hohen Anstellleiter verfügte die Feuerwehr noch über je 6 Haken- bzw. Dachleitern.