IM NOTFALL WÄHLEN SIE 112

Beitragsseiten

Kapitel 1
Die Gründungsgeschichte der Freiwilligen Feuerwehr

Ausgelöst durch die große Hamburger Brandkatastrophe von 1842, bei der große Teile der Innenstadt vollständig niedergebrannt und die technischen Mängel des bisherigen Feuerlöschwesens offenbar geworden waren, begann in Deutschland die große Gründungswelle von Freiwilligen Feuerwehren. Die erste von ihnen wurde 1846 durch Carl Metz in Durlach bei Karlsruhe aus Turnern, die für die Steigerdienste an den Leitern die notwendige körperliche Konstitution besaßen, gegründet. Allerdings war die Teilnahme an diesem Pompier-Corps nicht freiwillig, sondern die eventuelle Aufnahme durch den Gemeinderat verpflichtend! Als bei einem Theaterbrand im Jahre 1847 in Karlsruhe die dortigen herkömmlichen Feuerschutzeinrichtungen versagten und das Durlacher Pompier-Corps sich glänzend bewährte, wurde noch im gleichen Jahr durch Carl Metz auch in Karlsruhe eine Feuerwehr gegründet. Für sie wurde erstmals die Bezeichnung „Freiwillige Feuerwehr“ verwendet, da sie im Gegensatz zum Pompier-Corps auf freiwilliger Basis beruhte. Im gleichen Jahr wurden Feuerwehren in Rastatt, Hechingen, Großenhain/Sachsen und Leipzig gegründet. Mit Dietrich Magirus muss - neben Carl Metz - ein zweiter Gründungsvater des Feuerwehrwesens genannt werden. Er gründete 1847 in Ulm eine schlagkräftige Feuerwehr.

Darüber hinaus verfasste er das grundsätzliche Werk „Das Feuerlöschwesen in allen seinen Teilen“, Ulm 1877. Beide, Metz wie Magirus, beteiligten sich erfolgreich an der Entwicklung von Feuerlöschgeräten. Weitere Feuerwehrgründungen - meist waren dabei Turnvereine die Initiatoren - folgten nun schnell, wobei die Teilnehmerzahl an den Deutschen Feuerwehrtagen ein Indikator sein mag: Waren es am ersten Feuerwehrtag in Plochingen am Neckar (1853) gerade 10 Feuerwehren, so nahmen am sechsten Feuerwehrtag in Augsburg (1862) schon 141 Feuerwehren teil. Am 2. September 1855 wurde der Verein Deutscher Feuerwehrmänner gegründet, der Vorläufer des späteren Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV). Auf dem Augsburger Feuerwehrtag von 1862 beschloss man den Zusammenschluss der Freiwilligen Feuerwehren in Landes- und Provinzialfeuerwehrverbände. Aber erst 1868 konstituierte sich in Gunzenhausen der Bayerische Landes-Feuerwehrverband. Betrachtet man die Zahl der einzelnen Gründungen in den süddeutschen Staaten zwischen 1855 und 1876, so lag bis 1865 das Schwergewicht eindeutig in Baden und Württemberg, während in Bayern erst nach 1865, dann aber vehement, die Gründungswelle einsetzte. Dies lag an einer kräftigen Förderung von Neugründungen durch die bayerische Landesregierung, die ihre Bezirksämter wiederholt aufforderte, die Gemeinden zur Gründung einer Feuerwehr zu bewegen. Dies belegt nachfolgender Auszug aus dem Lehrbuch des bayerischen Verwaltungsrechts von Joseph Pözl: Nach der bayerischen Gemeindeordnung vom 29. April 1869 gehörte zu den Verpflichtungen aller Gemeinden die Herstellung und Unterhaltung (...) der erforderlichen Feuerlöschanstalten und Löschgeräte. Dem Bürgermeister oblag die Führung und Bewahrung (...) des Inventars über alles bewegliche Vermögen der Gemeinde, der Feuerlöschgerätschaften und dergleichen. Da die Handhabung der Ortspolizei dem Bürgermeister allein übertragen worden war, hatte er in diesem Zusammenhang auch besonders auf die Feuerbeschau und Feuerlöschanstalten zu achten. Die Aufgabe der Organisation des Feuerschutzes lag in der Verwirklichung des gemeindlichen Zweckes überhaupt begründet. Dazu musste jede Gemeinde die entsprechende Zahl von Feuerspritzen und sonstigen Löschgeräten (Feuereimer, Haken, Leitern u.a.) anschaffen und im Stand erhalten. (...) Durch die lokale Feuerordnung sollen Personen, welche im Falle eines Brandes Dienst zu leisten haben, genau bestimmt und schon vorher organisiert sein, damit jeder Einzelne von Anfang an den Sammelplatz und die ihm zugewiesene Aufgabe genau kenne (...) Welche Anordnungen notwendig seien, um einen ausgebrochenen Brand zu dämpfen und dessen Weiterverbreitung zu hemmen, hängt von den Umständen des einzelnen Falles ab; Einheit des Planes und Energie bei der Ausführung sind jedenfalls Haupterfordernisse für den leitenden Beamten. Jedenfalls ist die Polizei berechtigt, bei drohender oder bereits eingetretener Feuersgefahr jeden zur Hilfe- und Dienstleistung beizuziehen, der solchen zu leisten im Stande ist. Die Rettung der etwa gefährdeten Personen und ihrer Habe, und die sichere Bewahrung derselben gehört selbstverständlich ebenfalls zu den dringendsten Obliegenheiten des Feuercommissärs. Gleichzeitig ist die Ursache des Brandes zu ermitteln und die Größe des eingetretenen Schadens zu konstatieren. Auffällig ist, dass ein Gemeindebeamter - kein leitender Feuerwehrmann - die Leitung eines Brandeinsatzes innehatte.

Bemühungen Scheinfelder Bürger, in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts das Feuerlöschwesen in ihrer kleinen Stadt zu reorganisieren und auf den modernsten Stand zu bringen, wurden besonders vom dortigen Turnverein getragen. Bereits am 31. Mai 1862 hatte das Anzeigeblatt für die königlichen Gerichtsbezirke Markt Bibart, Scheinfeld und Umgebung eine Regierungsbekanntmachung abgedruckt, wonach aufgrund eines Regierungsbeschlusses vom 19. Mai 1862 alle Gemeindevorsteher aufgefordert wurden, in ihrer Gemeinde eine Dorffeuerwehr zu gründen. Im März 1863 berichtet dasselbe Anzeigeblatt von der Absicht des Turnvereins, sich in eine Turner-Feuerwehr umzuwandeln. Diese Veränderung ging keinesfalls zügig vonstatten, denn am 30. Juli 1864 lud der Scheinfelder Turnverein abermals zu einer allgemeinen Versammlung mit dem Thema ein (Anzeigeblatt von 1864): „Beratung, die Gründung einer Feuerwehr betr. Die Beratung ist eine öffentliche und es sind auch Nichtmitglieder, welche sich für diese nützliche und zeitgemäße Sache interessieren, höflichst zur Beteiligung eingeladen.“ Jedoch erst eine Zusammenkunft im März 1869 führte zu dem gewünschten Ergebnis der Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr. In einem Brief vom 12. März 1869 berichtete der Turnverein dem Stadtmagistrat über eine diesbezügliche informelle Zusammenkunft.